Samstag, 18.09.2021 – Tag 1

Unser Urlaub samt Experiment beginnt. Wir fahren von Konstanz am Bodensee nach Nordfrankreich. Das sind knapp 1000 Kilometer. Wir, das bin ich mit meinem Freund Markus und unser Hund Niro.

Warum der Trip ein Experiment wird? Weil wir zum 1. Mal mit einem E-Auto so weite Strecken und dazu ins Ausland fahren.

Unser Auto ist ein feuerroter Flitzer, wie es zu uns prima passt. Und zwar ein TESLA Modell 3.

Dieser Artikel ist gedacht für Menschen, die vielleicht darüber nachdenken, sich mal ein E-Auto anzuschaffen, aber noch nicht genau wissen, wo und wie das alles so funktioniert. Deshalb habe ich einen Blog daraus gemacht.

Dieser Artikel ist nicht für Fachleute, denn autotechnisches Fachchinesisch gehört nicht zu meinen Prioritäten. Ich schreibe eher aus der Sicht des Laien, denn das ist genau die Sicht meiner interessierten Leser.

Vorab möchte ich ein paar Bemerkungen loswerden, die wichtig sind:
Gegenüber den Verbrenner-Fahrern ist ein Umdenken erforderlich. Und zwar insofern, dass man seine Ladestopps planen muss. Weil sie je nach Auto

  • häufiger stattfinden müssen (Bei unserem Tesla haben wir über die gesamte Laufzeit von 6 Monaten eine maximale Reichweite von ca. 370 – 460 km ermittelt),
  • weil die Stopps länger dauern und vor allem,
  • weil (noch) nicht alle 30 km eine Schnelllade-Möglichkeit besteht.

Diese benötigt man insbesondere auf Langstreckenfahrten, damit der Ladevorgang möglichst schnell abgeschlossen werden kann. Zum Vergleich: Schnellladen dauert etwa 20- 30 Minuten, Normalladen 5-8 Stunden. Dabei wird das Auto nur bis 80% vollgeladen.

Jetzt muss man sich nicht selbst hinsetzen und planen! Juhu, dafür gibt es mindestens! 1 App. Bei Tesla ist diese App bereits im Navi integriert. Bei den E-Autos der neuesten Modelle sollte das auch so sein. Das Navi zeigt einem also nicht nur den Weg, sondern leitet einen praktischerweise gleich von Ladestation zu Ladestation.

Nun aber genug des Vorgeplänkels, wir steigen ein und fahren los! Es ist Samstag früh um 8:00 Uhr.
Wir fahren nicht in einem durch, sondern machen eine Zwischenübernachtung mit Kathedralenbesichtigung in Reims, das etwa 100 km östlich von Paris liegt. Mitten in der Champagne.


Abfahrt in Konstanz

Das Navi zeigt uns an, dass unser 1. Stopp in Straßburg sein wird. Dort ist eine Tesla-Ladestation beim Hotel Mercure. Im Tesla-Chargon ein sog. Supercharger mit – in diesem Falle – 8 Ladestationen.
Die Supercharger liegen in der Regel nicht direkt an der Autobahn, sondern in Gewerbegebieten, wenige Minuten entfernt. Wenn man dann das Navi mit Spracheinleitung einstellt, verfährt man sich auch nicht 2 x bei der Kreisel-O-Litis in Frankreich und ist normalerweise in wenigen Minuten (< 5 min) dort.


Kreisel-O-Mania in Frankreich

In Straßbourg ist der Supercharger beim Mercure Hotel. Ich war erstaunt, dass um die Uhrzeit die Ladestationen schon so gut belegt waren.


Supercharger Straßbourg

Sogar ein Auto aus Schweden war dabei! Klar musste ich die Besitzer sofort ansprechen und um ihre Erfahrungen bitten. Die waren mit dem Auto schon überall in Mitteleuropa, überall gar kein Problem.
Insbesondere fand ich angenehm, dass wir hier eben nicht an einer überfüllten Raststätte mit Bezahltoilette waren, sondern in einer Hotelanlage mit angenehm sauberer Toilette, die selbstverständlich kostenlos genutzt werden durfte. Wer will, kann einen Kaffee an der Bar nehmen. Der sicher auch 100 x besser war, als an der Raststätte.

Jetzt fragen sich fixe Rechner, warum haben die schon nach knapp 200 km geladen, wo die Leistung doch länger hält? Ganz einfach: Weil auf der Strecke Konstanz – Reims (550 km) nur 2 Supercharger sind. Der 1. In Straßbourg, der 2. In Metz. Das Navi hat uns vorgeschlagen, 2 kürzere Stopps zu machen. Man hätte auf Risiko auch mit 1 Stopp fahren können. Aber das wollten wir nicht riskieren. Dazu mehr am 2. Tag. Da waren wir risikofreudiger.

In Straßbourg waren wir entspannte 27 Minuten. Gerade genug Zeit für ein Schwätzchen mit den Schweden und Pippigänge für Niro, Herrchen und Frauchen. Da war die Zeit schnell herum.
Weiter ging es jetzt 181 km nach Metz. Diesmal war der Supercharger auf dem Parkplatz eines großen Leclerc Einkaufszentrums ca. 3 Minuten von der Autobahn. Diesmal schnell gefunden, dank Sprachanleitung. 12 Ladestationen stehen hier zur Verfügung und waren gut besucht.
Während des Ladevorganges sind wir ein wenig auf dem riesigen Parkplatz herumgelaufen. Dabei haben wir noch weitere 4 Ionity-Ladestationen und 1 Schnelladestation eines Drittanbieters gesehen, die alle belegt waren. Diverse Marken waren dort vertreten, auch einige Hybride. Scheinbar gibt es doch schon viele E-Autos.

Zusätzlich gab es dann noch die Ladestationen des Supermarktes. An 8 Ladestationen, die allerdings sehr langsam laden, kann man bequem sein Auto füttern, während man einkaufen geht. Und diese Ladestationen liegen, was ich bislang beobachten konnte, scheinbar immer in unmittelbarer Nähe zu den Ein – und Ausgängen.
So, wie dieser Parkplatz ausgestattet war, kann ich mir gut vorstellen, dass zukünftig die Parkplätze an vielen Einkaufszentren aussehen werden. Übrigens gab es an dem EK-Zentrum keine Tankstelle.

Die 21 Minuten Ladevorgang waren schnell rum. Auf zum heutigen Endspurt nach Reims mit nochmals 181 km. Kein Problem. In Reims übernachteten wir wieder in einem Mercure Hotel. Erstens lag dieses nur 10 Minuten fussläufig zur Altstadt und – ganz wichtig – sie hatten eine Tiefgarage mit Ladeplätzen. Hier konnte der Tesla über Nacht langsam aber voll laden. Das war übrigens umsonst. Der TG-Platz an sich kostete / Nacht 12,50 €. Und der Hund war auch gern gesehen.


Die Kathedrale Notre Dame in Reims

Reims war wunderbar! Wir hatten genug Zeit, die Kathedrale und die Altstadt zu erkunden. Danke des wunderbaren, spätsommerlichen Wetters war es abends noch so warm, dass emsiges Treiben in der Fussgängerzone herrschte. Wir konnten sogar draußen essen und unsere Freiheit geniessen. Was man hier am dringendsten braucht, ist übrigens die Cov-Pass-App. Es wird in den Lokalen und Cafés streng kontrolliert. Auch Maske ist überall obligatorisch und jeder hält sich daran. Außer die Demonstranten in der Altstadt am Nachmittag.


Hotel Mercure / Reims Tiefgarage

Ist euch auch aufgefallen, wie groß die Parkplätze angelegt sind für die Lader? Alle anderen mussten sich zusammenquetschen.

Sonntag, 19. 09.2021, 2. Tag

Wir haben wunderbar geschlafen und nach reichhaltigem Frühstück hieß es nun: Etappe 2 ab ans Meer mit 382 km! Das Navi zeigte uns Zwischenladen in der Nähe von Paris und in Rouen an.

Diesmal waren wir fast todesmutig und ließen Paris aus, um in Rouen dann vollzuladen. Wir haben es locker geschafft bis Rouen. Das Tesla-Navi scheint da sehr vorsichtig zu rechnen.

Bei Rouen war der Supercharger wieder bei einem Mercure Hotel hinten auf dem Parkplatz. Hier erwischten wir sogar einen Schnelllader der allerneuesten Generation (V3, erkennbar an nur 1 Ladekabel). Hier standen wir 33 Minuten und haben weit mehr nachgeladen, als wir für den Rest der Strecke benötigt haben.
Auch diese Zeit verbrachten wir ähnlich wie bereits in Straßbourg. Am Parkplatz lud sogar ein Tesla aus Irland!

Einen Nachteil haben die französischen Ladestationen. Oftmals stehen die Teslafahrer alle zusammen und vertreiben sich die Zeit mit einem Schwätzchen. So auch in Frankreich. Nur das mit der Sprache ist so eine Sache ….


Supercharger in Metz

Akku voll! Ab an die Küste, die letzten 100 Kilometer bis nach Cabourg. Man kann das Meer fast schon riechen. 1 Stunde und 9 Minuten später steht das Auto auf dem Parkplatz unseres Feriendomizils mit noch über 50% Ladung. Aber wer hat denn bitte 3. Stock ohne Aufzug bestellt??? Ha, dafür können wir vom Balkon das Meer sehen.

Zusammenfassung der Hinfahrt:

Wir sind ganz gemütlich und entspannt gefahren. Ladezeit war kein Problem für uns, die Hotels sind weitaus einladender als Raststätten. Dafür 3-5 Minuten entfernt von der Autobahn.
Für die knapp 942 km haben wir ca. 50 Euro Ladekosten für Strom ausgegeben. Das lässt sich doch sehen, oder?
Am 1. Tag sind wir 5 h 40 min gefahren, dazu eine Ladezeit von 48 Minuten
Am 2. Tag sind wir 3 h 56 min gefahren, dazu eine Ladezeit von 33 Minuten

Ich finde, die Ergebnisse können sich gut sehen lassen.

Wir haben übrigens 134 kg CO2 gegenüber einem vergleichbaren Verbrennerauto eingespart. (Berechnung gemäß Tronity.io – App) Da freut sich die Umwelt!

Die Pausen hätten wir vermutlich auch mit einem Verbrenner gemacht.
Ich gebe zu, Kilometerschrubber werden sich da teilweise schwertun. Aber es ist nur ein kleines bisschen Umdenken notwendig.
So das wär´s vorab mit dem 1. Teil, morgen kommt schon ein neuer Teil.